Der Thiergarten: allg. dt. Monatsschrift 1864

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Kategorie: Historische Darstellungen vor 1900

Der Thiergarten: allg. dt. Monatsschr. für Kunde, Beobachtung, Zucht u. Pflege d. Thiere, mit bes. Rücksicht auf d. Verbesserung unserer gegenwärtigen Hausthiere u. Heranbildung neuer, Band 1 Ebner & Seubert, Stuttgart 1864

Biber in Böhmen. Der früher durch ganz Deutschland verbreitete, wegen des Castoreums (Bibergeil), das er liefert, sehr werthvolle Europäische Biber (Castor Fiber L.) ist heutzutage so selten geworden, daß man jede Notiz über sein Vorkommen sammeln muß. Das Folgende fand sich in der Illustrirten Zeitung vom 14. Nov. 1863.

Biber als Faschinenbauer, »Kürzlich wurde auf der Wittingauer Domäne (in Mähren) der wegen seiner angenehmen Lage und seines Fischreichthums bekannte Neubach gefischt, wo sich ein interessantes Ereigniß zutrug. Als nämlich nach dessen Ablassung die Biber, welche darin gehegt werden, merkten, daß das Wasser immer mehr abnehme, zernagten sie die Reife, schleppten Bäume und Strauchwerk herbei und bauten, um den Ablauf des Wassers zu verhindern, eine so starke Faschine, daß man des andern Tages Mühe hatte, sie wieder zu zerstören. Doch sind bei diesem Schutzbau sehr viele Fische durchgegangen,'

Ein Wittingau in Mähren finden wir nicht, wohl aber giebt es eine nicht unbedeutende Stadt Wittingau in Böhmen, im Budweiser Kreise, berühmt durch das alte Fürstlich Schwarzenbergische Kloster und dessen große Fischteiche. Wir zweifeln kaum, daß diese Stadt gemeint sei, halten es auch nicht für unmöglich, daß die Klöster, wie bekanntlich die Fischottern, so auch die Biber als „Fastenspeise" geschützt und gepflegt haben, und es noch thun. Sehr willkommen wäre uns aber eine genauere Nachricht über diese unseres Wissens den Zoologen noch ganz unbekannte Biberkolonie, ihre Anzahl und ihr Treiben. — Wenn sich die Nachricht bestätigt, so sind jetzt in Deutschland noch drei Biberorte konstatirt, nämlich die Nieder-Elbe unter Magdeburg durch unsern Freund Möbius «Der Zool. Garten, Jahrg. III, S. 89). Die Iller, nicht weit von ihrem Einfluß in die Donau, wo vor etwa 5 Iahren ein Biber vielleicht der letzte?) erlegt wurde, den Apotheker Laube von Ulm erhielt, und nun die Wittingauer Klosterteiche, welche zum Flußgebiet der Moldau gehören, die bekanntlich in die Elbe sich ergießt. — Wir bitten unsere verehrten Leser um Nachricht über etwaige weitere Colonien. W d.

1) Manche Städte und Dörfer heißen sogar nach diesem größten der deutschen Nagelhiere z. B, Biberach in Württemberg, v, h. die Ach, soviel als der Fluß, worin Biber leben, wie Urach der Fluß, woran die Urochsen hausen u. s. f. .Biber' heißen ferner zwei kteine Flüsse in Württemberg, beide in die Donau mündend; ferner drei kteine Flüsse in Baiern, einer im Kanton Schwyz, endlich ein Dorf bei Hanau . Biberbach heißt ein Bach im Bairischen und denselben Namen führen vier bairische Dörfer, Biberberg' heißt ein anderes Pfarrdorf im Landgencht Roggenburg, Ob .Biberich' in Nassau auch auf jenes Thier zurückzuführen, wollen wir nicht entscheiden, dagegen ist ohne Zweifel auf dasselbe zu beziehen.Bibern', Name eines Flüßchens in, Kanton Freiburg, eines Dorfs im Kanton Solothurn und eines solchen im Kanton Schaffhausen, sowie eines Pfarrdorfs in Baiern, Biberfeld ist ein Dorf im württembergischen altkreis, Biberstein ein Schloß und Dorf im Kanton Aargau, .Bibert' zwei Dörfer im Ansbachischen, .Biberthal' heißt in Württemberg ein Wiesenthal im Oberamt Riedlingen, ein Seitenthal der Donau. Auch 'Bibra' in der preuß, Provinz Sachsen gehört hieher, — Sehr merkwürdig an dem Worte .Biber» ist, daß fast über ganz Europa das Thier diesen Namen trägt. Sowohl bei den Germanischen als bei den romanischen und bei den slavischen Völkern findet sich dasselbe Wurzelwort, (Französisch: bièvre, italienisch: bivaro; russisch, böhmisch, polnisch: .Bobr', in Krain .Bibra' u. s, f. Sogar der gälische Name des Biber dobhar (daher Doberan?) scheint derselbe Stamm.

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