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Naturgeschichte für Kinder Raff 1781

Georg Christian Raff (* 30. September 1748 in Stuttgart; † 5. Juni 1788 in Tübingen) war ein deutscher Schriftsteller und Pädagoge. Raff zählt zu den Pionieren der deutschen Kinder- und Jugendliteratur.

Naturgeschichte für Kinder von Georg Christian Raff, Frankfurt & Leipzig 1780
Seite 603 ff.



 In der achten Ordnung hören wir diejenigenThiere ab, die kurze Schwimmfüße haben, oder gleichsam ohne Füße sind, denn ihre Vorderfüße sind an den Leib gezogen, und die Hinterfüße in einen flach liegenden Schwanz verwachsen, und sich in den nördlichen Gegenden von Europa, Asia und Amerika theils in Flüssen und Seen, wie die Biber, Fischottern und Meerottern: theils in den Meeren aufhalten, wie die Seehunde, Seebären, Seelöwen, Seekühe und Walrosse – denn es soll jedes seine Geschichte selbst hersagen.

Du Biber
Kastor oder Fiber sollst die Ehre haben, den Anfang zu machen – Ich bin fast so
gros, als ein Schaf, habe einen spitzigen Rattenkopf, einen flachen schuppichten Schwanz, kurze mit fünf Klauen besetzte Füße – meine Vorderfüße sind mehrheitlich kleiner, als meine Hinterfüße, und die Zehen daran frei, und mit keiner Schwimmhaut besetzt; an den Zehen meiner Hinterfüße aber hab ich eine Schwimmhaut, um damit im Schwimmen gut rudern zu können – und über den ganzen Leib schwarzbraune zarte Haare – doch gibt es auch ganz weiße und braun und weiß gefleckte Biber – lebe und wohne an Flüssen, Seen und Teichen, fresse Baumrinden und Laub, werfe alle Jahr zwei bis drei Junge, und werde fünfzehn bis zwanzig Jahr alt.

Man ißt mein Fleisch, und hält vorzüglich meinen Schwanz und meine Zunge für was delikates. Ich habe einen ganz sonderbaren Schwanz: Er ist ohngefähr eine halbe Elle lang, und fast eine viertel Elle bereit, und kaum einen Mannsdaumen dick, und über und über mit Schuppen bedeckt, und sieht am Ende aus, als wenn er mir abgebissen worden wäre – Siehe Tafel 11 Figur 26.
Und in welch hohem Werth stehen nicht meine Haare? Macht man nicht davon feine Hüte, Strümpffe und Handschuhe, die man fast allenthalben in der Welt unter dem Namen Kastorhüte und Kastorhandschuhe verkauft. Aber nimmermehr sind alle die Hüte und Strümpffe und Handschuhe, die man Castorhüte und Castorstrümpfe nennt, von meinen Haaren gemacht, weil sie allzu theuer sein würden; sondern man mischt Schafwolle, oder Hasen- und Kaninchenhaare darunter, oder macht sie gar von lauter solchen Haaren, oder nur von lauter Schafwolle. – Die Indianer kleiden sich auch in unsere Felle, und machen aus unseren Zähnen Messer Gabeln.

Die Engländer treiben mit unsern Haaren den stärksten Handel, weil wir uns hier in Amerika erstaunlich häufig aufhalten. In Europa gefällts unsern Kameraden nicht sonderlich, weil es allzu stark angebaut und bewohnt ist, und sie also sehr zerstreut, einsam und flüchtig leben, und sich in Höhlen verstecken müssen, und keine eigene Häuser, wie wir bauen können, und man sie auch deswegen gewaltig verfolgt, weil sie Ufer durchwühlen, und den Pfählen und Schlagwerken gefährlich sind.

Ist's dein Ernst? Gibts wirklich in Europa Biber? Ja freilich gibt's welche darin. Und wo denn? In der Schweiz, in Italien, Spanien, Frankreich, und selbst auch hier da in unserm Teutschland. *) In Asia gibt's zwar freilich unserer mehr, als Europa; aber in Amerika, und vorzüglich in der Provinz Kanada, ist unser wahres Vaterland, da gibts unser viele taussend, so das es da, wo wir unsere Wohnungen aufgeschlagen haben, aussieht, als wenn etliche Indianer beisammen in einem Dorfe wohnen.

Ei ist es wohl andem, dass ihr große dicke Bäume, Äste und Zweige abbeißen, und davon Dämme und Häuser bauen können? Ja, das können wir. Wir fällen mannsdicke, oft noch dickere Bäume, die dicht am Ufer stehen, und ganz oder fast ganz ins Wasser fallen,

*) In der ersten Auflage dieses Buches behauptete ich noch, dass es in Teutschland gar keine Biber mehr gebe. Allein ich bin in den Dessauischen Pädagogischen Unterhandlungen vom Jahr 1779 eines anderen belehrt worden: Denn es heißt im ersten Vierteljahr des 3ten Jahrganges Seite 87 also: Wir können versichern, dass es Biber an der Elbe und Mulde im Dessauischen Lande gibt. Schon zweimal haben Philanthropisten einen im Fangeisen getödetem Biber hier gesehen. – Auch in Westfalen gibt es hie und da Biber.


Wenn wir sie abgebissen haben; fallen sie aber unvermutet ganz aufs Land, so ziehen und schleppen wir sie ins Wasser, setzen uns drauf, und fahren und schwimmen drauf an den Ort hin, wo wir unser Haus aufbauen wollen. – einige von uns setzen sich auch wohl nur auf einen Ast, und schwimmen drauf fort – und dabei dienen uns unsere Schwänze und unsere Hinterfüße statt der Ruder.

Sind wir alle an Ort und Stelle, so geht's plötzlich Arbeiten los. Einer muß dies thun, der andere jenes: denn es arbeiten gewöhnlich unserer zehn, zwanzig oder dreißig bei einem Haus gemeinschaftlich mit einander. Einige beißen die Äste von dem herbeigeführten Baum ab, und behauen sie zu Pfählen; andere tauchen unter, graben mit ihren Vorderpfoten Löcher in den Boden, stecken Pfähle drein, rammeln sie fest, und durchflechten sie mit Zweigen. Einige schleppten Erde und Wasser, und Moos und Steine zu; andere machen einen Leim, und verkleistern und verstopfen damit, und mit dem Moos und mit den Steinen die Löcher unsers Dammes.

Und auf diesem Damm bauen wir unser Haus, das gewöhnlich nur eine, zuweilen aber auch zwo Etagen hoch wird, eine eiförmige Figur hat, bald groß , bald klein wird, je nachdem unserer viel oder wenig darin wohnen wollen. Ist endlich auch das Haus fertig, woran wir alle gemeinschaftlich gearbeitet haben, so baut sich zuletzt je ein Paar seine eigene Zelle, und füttert Sie mit Heu und Moos aus, damit es für sich und seine künftigen Kinder ein weiches warmes Lager habe, und
lebt so, Herbst und Winter über, ruhig und zufrieden drauf los.

Ists aber erst Frühling geworden, so eilen wir, jung und alt miteinander, in die Gehölze und Wälder, und belustigen und fressen uns bei den frischen saftigen Baumrinden, Knospen und Blättern satt: dann den Winter über haben wir uns mit alten Baumrinden, und abgspicktem Laub, dass wir unter dem Wasser verborgen, und feucht und grün erhalten haben, behelffen müssen. Ganze Aeste und Zweige stecken wir zu dem Ende im Herbst, nahe bei unserm Damme unters Wasser. Und in den Wäldern bleiben wir bis in den Herbst; den Winter und Frühling über aber ziehen wir wieder zu unseren Hütten zurück. Sind Sie beschädigt, bessern wir sie aus; sind sie aber gar nicht mehr da, so bauen wir uns wieder neue.

Schwanz, Füße und Zähne haben wir zu unserem Bauen nöthig. Unsere Zähne dienen uns statt der Sägen und Aexte; unsere Vorderfüße gebrauchen wir als Hände, und mit unsern Hinterfüßen machen wir unsern Leim an; und unser Schwanz ist uns Schaufel und Kelle, denn wir schmieren mit ihm den Leim an den Wänden herum, und klopfen ihn auch damit fest. Und dann dient er uns auch zu unserer Rettung denn sobald einer von uns einen Jäger, oder sonst einen Feind sieht oder hört, so schlägt er mit seinem Schwanz ins Wasser, und gibt uns dadurch ein Zeichen, dass wir in Gefahr seien, und fliehen sollten. – Hast du nicht gesehen – husch husch – plötzlich sind wir alle weg, alle unter dem Wasser.

Unser Haus hat gewöhnlich zwo Oeffnungen kennen, eine ins Wasser, und eine auf Land. Diese gebrauchen wir selten zur Flucht, weil wir wegen unserer sonderbaren Füße schlecht lauffen, ja nur wie eine Gans jämmerlich daher schaukeln können; jenes aber dient zum Abtrit und zur Flucht – Schwimmen und untertauchen, und auch unter dem Eis weglauffen, können wir sehr gut.

Du fängst und frisst doch vermuthlich auch Fische, da sie dir immer vor der Nase herumschwimmen? Oh nein, das thu ich nicht. Ich fresse weder Fische noch Krebse, noch sonst ein Tierchen. Auch den Feld- und Baumfrüchten frag ich nichts nach. Macht man mich aber zahm, so fresse ich zwar nach und nach alles, was man mir gibt, aber doch kein Fleisch nicht. – Ich thu niemand was zu Leide, wehre mich aber doch für meine Haut, und beiße dem, der mich grob anfasst, oder gar prügeln will, Hände und Füße entzwei.
Aber sag mir doch, geschickter Biber, wie du die Erde und das Wasser zu deinem Leime zusammen bringst? O dies sollten sie ja leicht errathen! Ich scharre irgendwo die Erde auf, und trage in meinen Maul so viel Wasser zu, als ich brauche. Ist aber da, wo ich gern meinem Leimd anmachen wollte keine Erde oder kein Ton vorhanden, so hol ich ihn Maulvolweis herbei. Nicht wahr, sie haben geglaubt, ich trage Steine, Erde und Moos auf meinem Schwanze zu; oder ich fahre sie gar auf dem Bauch eines meiner Kameraden herbei? Ich weiß wohl, dass man von uns Bibern glaubt, wir wären so unbarmherzig, und fiengen fremde herumirrende Biber auf, machten sie zu unseren Sklaven und gebrauchten sie

als Bediente, um uns Holz, Moos, Moos, Erde und Steine herbei zu schleppen; und würffen sie auch wol auf den Rücken nieder, wie das dumme Murmelthier thun soll, und belasteten ihren Bauch mit Erde und Steinen, packten sie beim Schwanz an, und schlepten sie so zu unserm Damme hin. Falsch aber ist diese närrische Sage. Auch ist es falsch, daß wir Schildwachen ausstellen.

Noch eins: Unter meinem Schwanze hab ich einen Beutel, worin diejenige schmierige Feuchtigkeit ist, mit der ich meine Haare einschmiere, damit das Wasser darüber wegrolle, und nicht auf meine Haut dringe, und mich alzusehr friere. Auch in den Apotheken gebraucht man diese meine Beutelfeuchtigkeit zu allerhand Dingen, und nent sie Bibergeil. - Ein dicker grosser Biber wiegt fünfzig bis sechzig Pfund.


Digitale Ausgabe der Universität Heidelberg

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