Fab.105
Der Wolf entschuldigt sich vor Gericht
Der Wolf ward einstmals einer großen Missetat beschuldigt, und vor Gericht geführt, wo er verurteilt werden sollte. Er erkühnte sich nicht, die Tat zu leugnen, allein er schob die Schuld auf den Waldteufel, Aßidämon, auf dessen Eingeben und Versuchung, welcher kein schwaches Tier widerstehen könnte, sie geschehen wäre.
Der Biber der ein vernünftiger Richter war, durfte zwar die Macht des Waldteufels nicht leugnen, weil der gemeine Mann dieselbe durchgängig glaubte. Er fällte daher das Urteil
folgender Gestalt: Der Affe, als der Scharfrichter des Waldes, sollte dem Angeklagten ein Ohr abschneiden, und dieser sollte hernach bei seinem Hauptmanne, Aßidämon, seinen Regress suchen, der ihm ein anderes Ohr wieder geben sollte.
Dieses Urteil ward überall gepriesen, weil die Strafe so eingerichtet war, dass gegen die Orthodoxie des Waldes nicht verstoßen ward.
Diese Fabel lehrt, man könne dem Schuldigen erlauben, den Teufel zu zitieren, den Dieb aber doch aufhängen.