Gottlieb Konrad Pfeffel: Das Hermelin, der Biber und das wilde Schwein

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Kategorie: Fabeln

Audio gesprochen von Angela Wiesenfarth


Gottlieb Konrad Pfeffel (* 28. Juni 1736 in Colmar; † 1. Mai 1809 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, Militärwissenschaftler und Pädagoge aus dem Elsass.

Das Hermelin, der Biber und das wilde Schwein

Ergriffen von dem Reisefieber,
Verbanden sich ein Hermelin,
Ein wilder Eber und ein Biber,
Auf Abenteuer auszuziehn.
Sie erbten alle keinen Stüber,
Dem nachgebornen Adel gleich,
Von ihren Vätern, und verließen
Voll stolzer Hoffnung Wald und Teich,
Um sich in einem fremden Reich
Das Tor des Glückes aufzuschließen.

Nach einem langen Ritterzug
Und mancher Fährlichkeit erblickte
Ihr Aug' ein Land, das alles trug,
Was vormals Edens Flure schmückte,
Gebirge, Wälder, Korn und Klee.
Und einen bunt verbrämten See,
Befurcht mit leichten Silberwellen.
Die süß erstaunten Pilger sahn
Das neu entdeckte Kanaan
Wie dort Äneas Spießgesellen
Die Küste der Lateiner an.

Allein was ihre Freude störte,
War eine Grube voller Schlamm,
Die rund umher den Zugang wehrte.
In ihrem schwarzen Schoße schwamm
Ein Heer von Kröten und von Schlangen,
Das zischend bald die Zähne wies,
Bald faule Pestluft von sich blies.
»Was Brüder, ist hier anzufangen?«
Rief das Triumvirat und stand
Bestürzt an des Morastes Rand.
Jetzt hob das Hermelin die Pfote,
Allein es prallte schnell zurück.
»Ein Andrer,« sprach es, »wat' im Kote;
Ich lass es bei dem Probestück.
Was soll ich mir mein Kleid verderben,
Ja gar am Biss der Nattern sterben?
Nein, schade für ein solches Glück!« -

»Geduld, mein Püppchen,« sprach der Biber:
»Gebt mir nur vierzehn Tage Frist,
So hilft euch mein Talent hinüber.
Ich bin ein Maurer, wie ihr wisst,
Und will euch eine Brücke bauen,
Die fest wie Gottes Boden ist.
Ihr könnet meinen Worten trauen.« -
»Was, vierzehn Tage? der Termin
Ist lang, ich komme schneller hin.
Da seht!« ruft Junker Haksch und springet
Mit allen Vieren in den Moor,
Der ihm bis an die Kehle dringet;
Doch streckt er stets den Kopf hervor
Und schwingt, zwar besser mit Kot lackieret,
Doch vom Geziefer unberühret,
Sich siegreich aus dem ekeln Grab.
Er schüttelt sich den Unflat ab
Und ruft mit einem stolzen Blicke:
»So bahnt man sich den Weg zum Glücke.«