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Der Stricker: Der Wolf und der Biber

Kategorie: Fabeln

Audio gesprochen von Angela Wiesenfarth

Der Wolf und der Biber

Einst erblickte ein Wolf
einen Biber im Wasser;
dem lauerte er auf vielfältige Weise auf.
Als er schließlich einmal aus seinem Bau kam, schnappte ihn der Wolf.
Da sprach der Biber:
»Lieber Vetter, was ist denn los?«
Wütend antwortete der Wolf:
»Du bist verloren! Weiß Gott,
ich will dich fressen!«
Der Biber erwiderte:
»Du machst Witze!«
Der Wolf darauf: »Du wirst schon sehen!«

Da wurde der Biber blass und sprach:
»Herr Vetter, lass das bleiben
und geh mit mir fort;
ich werde dir einen Dachs schenken,
für den du mir noch
in tausend Jahren dankbar sein wirst.
Du wirst dich vierzehn Tage lang
nicht mehr rühren können,
so satt wirst du sein.
Der Dachs nützt dir mehr als ich.
Bei Gott, willst du mich recht aufrichtig
in Schutz nehmen,
dann schenke ich dir
noch einen – und dies,
so oft du möchtest,
damit du mein Schutzschild
vor deinen Gefährten bist
und sie mich am Leben lassen.«
Der Wolf antwortete: »Ich helfe dir.
Sag, wie kann ich diesen Dachs bekommen?«
»Er liegt hier unter der Erde
in seiner Höhle am Wasser –
da hole ich ihn dir schon heraus.
Lass mich auf dich steigen und trabe dorthin,
so heiße ich ihn herauskommen;
diese Bitte ist ein leichtes für mich.
Ich sage zu ihm:
>Schaut mir dieses Ross an.<
Wenn er sich uns daraufhin nähert,
kannst du ihn fangen.«
Der Wolf erwiderte:
»Das mache ich, nun sitz
auf und reite mich!«

Da setzte sich der Biber auf ihn,
der Wolf trug ihn fort,
und sie kamen zum Haus des Dachses.
Da sprach der Biber: »Vetter, kommt hervor,
ich bitte darum, und sagt, wie Euch dieses Ross gefällt! Ich werde es gewiss nicht kaufen,
bevor ich nicht gehört habe,
wie es Euch gefällt; ich fürchte,
sonst mache ich ein Verlustgeschäft.«
Der Dachs kroch hervor,
als er jedoch den Wolf erblickte,
wich er zurück und sprach:
»Wahrhaftig, Vetter, dieses Fohlen
gefällt mir sehr gut, seine Brust ist sehr kräftig;
ich werde dir eine Mark schenken,
damit du es besser bezahlen kannst.
Reit aber erst noch ins Wasser
und mache es nass, damit ich es mir genau
anschauen kann; ich möchte, dass du nicht
hereingelegt wirst! Hat es keine Flussgalle,
dann wird es uns schon gefallen.
Danach möchte ich es noch im Galopp reiten,
ich kann es besser testen.«

Dies hielt der Wolf für gut.
Er watete ins Wasser –
das war recht tief.
Durch ein dichtes Gebüsch
lief der Dachs neben ihm her,
um den Ritt seines lieben Vetters
genau beobachten zu können.
Immerfort sprach er:
»Reit ein bisschen tiefer hinein,
er ist noch nicht ganz nass!«
Dafür dankte ihm der Biber: er sprang ins Wasser
und schwamm hinunter auf den Grund,
vor dem Wolf gerettet.
Der Dachs rannte in seine Höhle zurück.

Dies würde auch den Menschen gut anstehen:
Wer seinem Freund hilft,
wenn dieser in großer Not ist
und ohne Freunde
das Leben verlieren würde –
wer ihm hilft, am Leben zu bleiben,
der kann wahrhaftig sein Freund heißen.

Wer seines Freundes Rat überhört,
der war weiß Gott nicht sein Freund.

 

Ze einen zîten daz geschach,
daz ein wolf einen biber sach
eines tages in dem wâge;
dem sazte er manige lâge.
unz er ze jungest ûz gie,
der wolf in iesâ gevie.
dô sprach der biber: »neve min,
was sol disiu rede sîn?«
der wolf sprach mit zorne:
»dâ bistu der verlorne!
ich will dich ezzen, weizgot!«
der biber sprach: »iz ist dîn spot!«
er sprach: »des wirstu wol gewar!«

dô wart der biber riuwevar,
er sprach: »herre neve, daz verbir
und ginc danne mit mir:
ich wil dir einen dahs geben,
soltu tûsent jâr leben,
du muost mirs iemer danc sagen.
dun darft in vierzehen tagen
nimmer komen von einer stat,
wan du bist ze allen zîten sat.
der ist dir nützer denne ich.
deiswâr, wil du mich
mit rehten triuwen meinen,
ich gibe dir aber einen –
als dicke sô du wilt,
daz ouch du mîn vrideschilt
vor dînen genôzen wellest wesen,
daz si mich lâzen genesen.«
der wolf sprach: »des hilfe ich dir.
nu sage an, wie mac mir
der selbe dahs werden?«
»er lît hie in der erden
bî disem wâge in einem hol,
dâ gewinne ich dirn wol.
lâ mich dich überschrîten
und lâ dich dar rîten,
sô heize ich in her ûz treten,
des hân ich in lîhte erbeten.
ich beginne wider in jehen:
>ir sult mir ditz ros gesehen.<
sô er uns danne beginnet nâhen,
sô solt ouch du in vâhen.«
der wolf sprach: »daz tuon ich,
nu sitz ûf und rîte mich!«

dô saz der biber ûfin,
dô truoc in der wolf hin,
und quâmen zuo des dahses tür.
dô sprach er: »neve, gêt her vür
durch mînen willen unde saget,
wie iu daz ros behaget!
ine gilte ez niht mitalle,
ine vernæme, wie ez iu gevalle;
ich vürhte, daz ich danne verlür«
der dahs huop sich her vür,
unze er den wolf ane sach,
dô entweich er wider unde sprach:
»entriuwen, neve, dirre vol,
der gevellet mir harte wol,
diu brust ist im vil starc;
ich wil dir geben eine marc,
daz dun vergeltest deste baz.
rît ich in rehte gesehe;
mir ist liep, daz dir wol geschehe!
hat er niht vlôzgallen,
sô muoz er uns wol gevallen.
sô wil ouch ich in rennen,
ich kann in baz erkennen.«

daz dûhte den wolf guot.
in den wâc er dô wuot –
der was ze guoter mâze tief.
der dahs neben im lief
durch ein dicke stûdæhe,
daz er vil wol gesæhe
sînes lieben neven rîten.
er sprach ze allen zîten:
»rit ein wênic in baz,
er ist noch niht gar naz!«
des sagete im wâc er dô spranc
und quam hin under in den grunt,
von dem wolve wol gesunt.
dô lief der dahs hin in sîn hol.

ez zimet ouch noch den liuten wol:
swer sînem vriunde bî gestêt,
sô ez im an die rehten nôt gêt,
sô der man vriunt muoz kiesen
oder aber den lîp verliesen –
swer im dâ hilfet genesen,
der mac vil wol sîn vriunt wesen.

swer sînen rât übersiht,
weizgot, der was sîn vriunt niht.

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