Audio gesprochen von Angela Wiesenfarth
Moralische Fabeln : mit beygefügten Erklärungen einer jeden Fabel / Aus dem Dänischen des Herrn Barons von Holberg übersetzt durch J. A. S. K. D. C. Kopenhagen : Mumme, 1761
Die 95.Fabel
Der Fuchs giebt dem Bieber einen Rath.
Ein Biber hatte bey einem andern vornehmen Biber lange in Diensten gestanden. Seine Mitbedienten waren inzwischen, einer nach dem anderen, befördert worden, er aber blieb beständig worden, er aber blieb beständig in seinem alten Posten stehen. Er beschwerte sich darüber bey einigen andern Thieren, insbesonderheit auch bey einem Fuchs. Der Fuchs fragte ihn: was die Ursache dieser Kaltsinnigkeit, die sein Herr gegen ihn allein blicken liesse, seyn mögte? Der Biber antwortete: Es ist noch kein Diener von meinem Herrn so geliebet worden, als ich. Das ist just das Unglück, sagte der Fuchs. Ich weis dir keinen bessern Rath zu geben, als daß du dich durch deine Aufführung eben so verhast machst, als du bisher bist beliebt gewesen. Der Bieber folgte diesem Rathe, und befand sich in kurzem sehr wohl dabey; denn da der Herr merkte, daß ihm nicht mehr mit ihm gedient war, machte er sich von ihm auf gute Art los.
Dise Fabel zeiget, daß der Vortheil mancher Diener durch ihrer Herren allzugrosse Liebe verhindert wird; und weil man sie nicht missen will ; so müssen sie stets in der Sklaverey bleiben.
Digitale Ausgabe bei der Universität Halle