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Schreger: Der vorsichtige und nach heutigem Geschmacke wohlerfahrne Speismeister 1778

Odilo Schregers, der vorsichtige und nach heutigem Geschmacke wohlerfahrne Speismeister : Sammt einer Anweisung zum Kochen, Trenchiren und einigen sonderheitlichen Complimenten. Mit beygefügten allgemeinen Tischregeln.
Autor / Hrsg.: Schreger, Odilo ; Schreger, Odilo
Verlagsort: Augsburg | Erscheinungsjahr: 1778 | Verlag: Rieger
Signatur: Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek -- Ldw 746

Seite 37 ff.

XI. Absatz

Von der Bibern

1. Der Biber ist ein vierfüßiges Thier, so auf der Erde und im Wasser lebet. Hat einen dunklen, aschfarbenen Balg, kleine runde Ohren, kleine Augen scharfe Zähne und ein großes Maul. Er lebet von Baumrinden und Fischen.

2. Sein Schwanz ist nach Proportion des Thiers ziemlich lang, gemeiniglich 6 Finger breit, un zween Finger dichte; und ist drey bis vier Pfund schwer.

3. Dieser Schwanz ist das beste Stück am Biber, und wird allein, als ein sehr delicates und niedliches Fleisch gegessen; kommt aber nicht viel auf gemeine Tafeln, sondern wird nur auf großer Herren Tafeln gesetztet.

4. Dieser Schwanz wird, wie ewann ein Karpf, in Stücken zerschnitten, in einem Kessel mit Wasser nebst wenigen Salz so lang gesotten, bis er die nach Fisch schmeckenden Fette verlieret, und weil er harter Art ist, so muß man unter dem Sieden ein Stücklein Butter dazu werfen, damit er weich werde.

5. Die Biber werden mit Hunden, die man Biberhunde heißt aufgespüret und in das vorgestellte Netz gejaget. Es ist aber dieses Wildprett nicht jedem zu fangen erlaubet, weil es zur hohen Jagd gehöret.

6. In Neu-Niederland in Amerika giebt es ungemein viel Biber, und sollen derer in einem Jahr wohl 18. Tausend gefangen werden.

7. Das Biberweiblein trägt ihre Jungen 16. Wochen; und bringet einmal im Jahre vier Junge; welche eben als wie kleine Kinder winseln und saugen.

8 Die Biberhaare, weil sie sehr zart und weich sind, brauchet man zur Machung der Castorhüte und Strümpfe. Castor heißt auf Deutsch ein Biber; daher werden diese Hüte, Castorhüte genennet.

9. Bibergeyl brauchet man zur Arzney. Daß aber die Bibergeil die Geburtsgeilen oder Testiculi seyn, so von der Bibern ausgeschnitten werden, ist falsch. Sondern die Bibergeil ist der mit einer dichten Haut überzogene Beutel, so unter dem Schambeine liegt.

10. Bibergeil hat einen unangenehmen, starken Geruch,bittern, scharfen und beißenden Geschmack. Die Tonquinische, welche die aus Ost-Indien gebracht wird, hält man für die allerbeste. Man kan aber viel Betrug damit begehen, und sie nachmachen, wenn man sie mit Gummi ammoniaco verfälschet. 

11. Bibergeil angezündet, und einer Frau, welcher die Gebärmutter über sich steiget, für die Nase gehalten, erwecket, und bringet solche bald wieder zurecht.  

 

Link zur digitalen Ausgabe bei der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg

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