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  • Wappen Eno (Finnland)

Deutscher Kinderfreund 1901

Kategorie: Elbebiber

Deutscher Kinderfreund, 24. Jahrgang 1901-1902, Hefte 1-12,

Deutscher Kinderfreund, Berlin 1901

Die Biberkolonien an der mittleren Elbe

Von Anna Ecke mit einem Bilde

 

Daß die Flüsse Nordamerikas und Sibiriens, sowie einige des europäischen Rußlands von dem Geschlecht des geschicktesten und klügsten Baumeisters unter den Vierfüßlern, des Bibers, bewohnt werden, wißt ihr, liebe Kinder, und habt wohl alle schon von seinen merkwürdigen Hügelbauten und seiner Thätigkeit als Holzfäller gehört. Gesehen haben aber wohl die wenigsten jemals einen Biber, außer etwa in zoologischen Gärten , Aquarien und dergleichen, und vielleicht wißt ihr gar nicht, daß nicht nur an einigen Stellen der Donau, sondern mitten im Herzen Deutschlands in der Nähe der alten Lutherstadt Wittenberg und in Anhalt, mehrere Biberkolonien sich finden, die beide durch die Jagdlust immer mehr ausgerottet werden, zum Theil auch ausgerottet werden müssen; da die tiefen Kesselbauten der Biber in den Elbdämmen bei Hochwasser höchst gefährlich werden. Schon mehrfach drohte der Bruch der Dämme an der Mündung der schwarzen Elster in die Elbe infolge diese Unterhöhlung durch den Biber und es ist also nur Notwehr, wenn den gefährlichen Eindringlingen in unserer Flur kein Gastrecht mehr gewährt wird.

Ehe sie etwa ganz ausgerottet werden, lade ich euch ein, mich auf Spaziergängen "zum Biber" wie die Kinder sagen, zu begleiten. Dazu muss man allerdings etwas früh aufstehen oder gegen Abend nach Sonnenuntergang die Zeit abpassen, denn hier zu Lande treiben die Biber nicht, wie in den Einöden Nordamerikas, ihr Wesen am Tage, sondern in der Nacht; am Tage halten sie sich im Bau auf.

Wenn wir eines Bibers ansichtig werden wollen, heißt es, sich mäuschenstill auf die Lauer legen, und wir können schon froh sein, falls es uns gelingt, nur seine Nasenspitze zu erspähen. Jeder Biberbau ist nämlich am Uferrand, und zwar am hohen Uferrand alter Elbarme, so angelegt, daß mehrere Eingänge unter dem Wasser, zu dem hoch und trocken gelegenen Kessel des Pärchens führen. Wenn ich mit euch an den Bau treten würde,, so würdet ihr nichts sehen, als einen riesigen Haufen von Reisig und Holzstämmen, die eine Fläche von 20 bis 30 qm des Uferrandes bedecken: Das ist das Dach des unterirdischen Wohnhauses. Was von Baumrinde schmackhaft ist, verzehrt der Biber, aus den abgenagten Höltzern baut er seine Burg. Wollten wir den Holzhaufen abräumen und nachgraben, so kämen wir nach großer Mühe doch bloß aufs leere Nest., denn sobald unser Freund die leiseste Gefahr wittert, verläßt er unter dem Wasser den Bau, schwimmt als trefflicher Taucher weit fort und steckt nur von Zeit zu Zeit die Nasenspitze heraus, um Luft zu schnappen. Ist er außer dem Bereich der Gefahr, so zieht er flachschwimmend eine kaum sichtbare Furche im Wasser, aber sein brauner Rücken zeigt sich, einem Stück Holz gleichend. Wenn wir das erblicken, können wir uns rühmen, den Biber gesehen zu haben, denn schwerlich gelingt uns es jemals, ihn etwa in hellen Nächten auf seinen Raubzügen zu beobachten.

Obgleich nämlich der Biber kein Raubtier ist und nur von Pflanzennahrung lebt, wird er doch den Menschen gegenüber zum Räuber, denn er ist ein listiger und gefährlicher Holzfrevler, der ganze Anpflanzungen von Weiden, Pappeln u.s.w. verwüstet, und zwar so, daß man Menschen als Urheber des Frevels vermuten möchte. Es ist vorgekommen, daß sonst erfahrene, aber mit der Biberarbeit unbekannte Leute eine Anzeige wegen Holzdiebstahls machen wollten, weil es ihnen unglaublich war, das Stämmen von 30 bis 40 Centimeter und mehr Durchmesser kunstgerecht anscheinend mit einem ganz feinen Beile ringsum bis in die Mitte hinein behackt, gefällt und fortgeschafft worden sind. Ist die Last zu schwer oder das Stück Holz in ganzer Länge nicht zu verwenden, so schneidet der Zimmermann es mit seinen Zähnen in die nötigen Teile, die er dann in der Stille der Nacht zu seinem Bau flößt - ein unersättlicher Holzdieb. Mit wunderbarem Geschick nagt er die dem Wasser zugekehrte Seite des Baumes am meisten aus, sodaß dieser stets ins Wasser fällt.

Natürlich wird ihm von armen Leuten sein Holzvorrat weggeholt, diese Schutzdecke seiner Wohnung giebt manche warme Stube. Hier zu Lande gelten die vom Biber gefällte Stämme nicht als Merkwürdigkeit; selten giebt sich ein Liebhaber die Mühe, die Stümpfe der Bäume oder das untere Ende des abgeschnittenen Stammes abzusägen und aufzuheben. Einige derselben sind nach außerhalb geschickt und dort als Sehenswürdigkeit ausgestellt worden, die wieder zusammengefügten Stücken geben die Form einer Sanduhr, nur einer schiefen, weil der Stamm so bearbeitet wurde, daß er nach der Wasserseite fallen mußte. Es giebt zwar viele "Biberpappeln" von 15 bis 20, ja solche von über 40 Centimeter Durchmesser, im allgemeinen lieben die Biber aber junges Holz, die Weidenhege ergeben ihr bestes Material, das Holz baut ihr Haus, die Weide nährt Sie und wird als Winterfutter eingetragen. Im Notfall machen sie sich auch an Eichen und haben in einer anderen Kolonie, nicht in unserer Flur, eine solche von 25 bis 30 Centimeter Durchmesser gefällt und fortgeflößt. Bei dieser Arbeit verfahren sie wie Zimmerleute, die balken tragen: unter kundiger Führung schleppen und schieben von zwei Seiten des Stammes mehrere Biber, alte mit den Jungen, nach Ruhepausen mit neuer Kraft einsetzend. In unermüdlichem Fleiße arbeiten sie die ganze Nacht, bei Witterung der leisesten Gefahr entfliehen sie, sinken lautlos ins Wasser und können zwischen den einzelnen Atemzügen bis zwei Minuten tauchen; weit abgetrieben schöpfen sie erst wieder Luft. Wer will diesen schlauen Dieben das handwerk legen, die bald hier einem Besitzer in kurzer Zeit 20 junge Pappeln, bald dort die wertvollen Nutzweiden, oft nur zur Übung, meist zum Gebrauch, abschneiden?

Eine Macht giebt es, die ihnen gefährlich wird, die vielen das Leben kostet, das ist das Hochwasser! Wenn die Elbe Wiesen und Heger überflutet und in die sonst so sicheren Kessel im hohen Ufer oder den Damm steigt, weiß der Biber nicht, wie ihm geschieht und kommt flüchtend an die Oberfläche des Wassers, nicht ahnend, daß die Schützen, diesen Zeitpunkt genau kennend, "auf dem Damme" sind. Nicht Regen und Sturm, nicht Kälte und Schnee hält sie ab, den unterirdischen Feinden aufzulauern und sie mit wohlgezielten Schüssen zu empfangen. Freilich haben diese ein zähes Leben, verwundet tauchen sie und ziehen meist wieder in den Kessel. In einem derselben wurden bei späterem Nachgraben mehrere verendet gefunden; so manchen reißt der Strom fort, ehe er geholt werden kann. Das Schlimmste für die Tiere ist aber der Eisgang; im treibenden Eise können sie schlecht tauchen, flüchten sich auf die Schollen und fallen so am sichersten den Jägern, die mit Hunden und Kahn bereit stehen, in die Hände. Ist doch ein Biberbalg 40 bis 50 Mark wert. Da kann man es unserem Nachbar, der allein schon sieben bis neun Biber geschossen hat, nicht verdenken, daß er stolz ist auf seine Jagdbeute.

Wenn in der Hochwasserzeit die Kinder scharenweise auf den Nachbarhof laufen, heißt es bei uns: Herr N.N. hat sicher wieder einen Biber geschossen, und wir gehen jetzt auch mit, um uns den schlauen Burschen, den wir lebend doch nicht zu sehen bekommen, wenigstens tot genau zu betrachten.

Da hängt das große, etwa 40 Pfund schwere, von der Schnauze bis zur Schwanzspitze 1 1/4 bis 1 1/2 Meter messende Tier am Thürpfosten, durch einen Schuß in den Kopf getötet, der kostbare Pelz ist unversehrt. Derselbe ist außerordentlich dicht, gewissermaßen doppelt behaart, über dichte bräunliche, am Bauche weißgraue Haare fallen längere gelbbraune. Dieser Pelz und die feste Haut schützen gegen Schüsse aus der Ferne. Der 40 bis 45 Centimeter lange, etwa 20 Centimeter breite Schwanz mit dem faustdicken Schwanzansatz ist lederartig, genarbt, glatt und hart, dabei beweglich, die denkbar vollkommenste Maurerkelle, die der Biber bei seinen Erdarbeiten höchst geschickt gebraucht. Wie wunderbar ist das Tier für seine Lebensweise ausgestattet, jedes Glied für seinen Zweck, alles kräftig, fast plump. Der rundliche sehr kleine Kopf mit den klugen schwarzen Augen endet in einem Maul, das einem harmlosen Nagetier zu gehören schiene, wenn nicht an beiden Seiten die großen Zähne wie gelbliche, elfenbeinerne Meißel hervorragten, die beiden unteren 2 bis 3, die oberen 1 1/2 bis 2 Centimeter lang, gut 1 Centimeter breit. Welche ungeheure Kraft der Kiefern gehört dazu, durch diese schmalen Werkzeuge Bäume zu fällen, mit jedem von oben nach unten, oder von unten nach oben nagendem Biß glatte, große Späne abzuschneiden! Bei dieser Holzarbeit stützt sich das Tier, gewissemaßen Männchen machend, auf den Schwanz und die sehr starken kurzen Hinterfüße, die, wie die kleinen Vorderfüße, Schwimmhäute haben; die hinteren sind etwa eine Spanne breit. Fünf sehr starke, lange Nägel ermöglichen die umfangreichen Erdbauten, sie kratzen auch das härteste Erdreich aus. Das ganze Tier ist für schweree Arbeit gebaut; die Zähne sitzen so fest in den Kiefern, daß der ganze Kopf gekocht werden muß, ehe es möglich ist, sie auszubrechen, sie bilden des Schützen Jagdtrophäe und sind mit keinen anderen zu verwechseln. In der Heimat der Biber werden die klugen Tiere, jung gefangen, zahm und zutraulich, hier sehen sie in den Menschen nur ihre Feinde und werden als Feinde behandelt. Auch nach dem Tode schätzt man nichts an ihnen als den Pelz, während die Biberjäger, deren Beute in Asien etwa 30.000, in Amerika jährlich 130.000 Stück jahrlich beträgt, außer diesem das in einer Drüse am Hinterleib enthaltene Heilmittel Bibergeil verkaufen und das Fleisch als Nahrungsmittel benutzen. Wir freilich verspüren nach dem widerlich fetten Fleisch keinen Appetit, ich weiß nur von einem Falle, in dem es gegessen wurde, und zwar zu einer katholischen Familie als Fastenspeise: der Biber rangiert in dieser Hinsicht mit den Fischen. Wie vollends der Schwanz ein Hauptleckerbissen sein soll, vermag beim Anblick dieses grauen, zähen Dinges, einer riesigen, gepunzten Schuhsohle gleichend, nicht einzusehen.

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