Ueber die Nothwendigkeit der Anlegung einer Biber-Colonie in Bayern; von Dr. Waltl
in: Repertorium für die Pharmacie, Band 27, herausgegeben von Dr.Buchner, Verlag Johann Leonhard Schrag Nürnberg, 1828
Seite 418ff
Zweiter Abschnitt. Kurze Bemerkungen und Nachrichten
1. Ueber die Nothwendigkeit der Anlegung einer Biber-Colonie in Bayern; von Dr. Waltl.
Bekanntlich hat die Gewinnsucht der Fischer und Jäger die sonst in Bayern an der Isar und Amper häufigen Biber so einzeln gemacht, dass es eine Seltenheit ist, einen Biber zu finden. Dazu hat aber auch die Unkenntniss mehrerer Wasserbauinspectoren beigetragen, die es gern sahen, wenn man die Biber wegfing, indem sie selbe den Uferbauten schädlich hielten.
Hier sieht man wieder einen Beweis, wie zoologische Unkenntniss Schaden bringen kann. Der Biber, wie ich oft beobachtete, beisst zwar Bäume ab, und am liebsten Weidern und Erlen, allein nie in solcher Menge, dalss es einen Schaden verursachen könnte, und zu dem schlagen diese Bäume immer wieder von der Wurzel aus, und machen so das Ufer dichter, so dass es eher verbessert wird. Deswegen behauptete auch Professor Schultes in Landshut, freilich hyperbolisch, ein Biber nütze mehr, als 100 Wasserbau-lnspectoren.
Da nun die Biber so selten geworden sind ‚ und das bayerische Castoreum selbst im Auslande sehr gesucht wird, indem es von besonderer Güte ist, so ist es höchste Zeit eine Biber-Colonie an der Isar oder Amper anzulegen, ehe alle noch übrigen weggefangen werden; denn alle Verbothe nützen nichts, so lange Fischer neben Bibern sind. Wo eine Biber-Colonie ist, müssen alle Fischer gänzlich entfernt, und ein verständiger Aufseher angestellt werden, damit immer nachgesehen wird, ob sich nicht Biberschützen einfinden *).
*) Eine solche Aufsicht würde Bayern keine sonderliche Kosten verursachen, weil die Invaliden dazu verwendet werden könnten ‚ welche sich ohnehin an der Amper befinden, ‚nämlich ln Fürstenfeldbruck; und in der That ist die Amper der Fluss wo sich die Biber am liebsten aufhalteri, und wo eine Biber-Colonie am zweckmässigsten anzulegen wäre. B u c h n er.
Was die Localität betrifft, so muss eine Biber-Golonie an einem Orte angelegt werden; Wo Weiden und Eschen in Menge da sind, und wo selten Jemand hinkommt, denn der Biber will allein seyn, und nur in Wildnissen wird er sich am besten vermehren. Hat man einmal dadurch eine Anzahl von Bibern gezogen, so wird das Castoreum nie ausgehen, was bei jetzigen Umständen bald der Fall zu seyn scheint. Auch erlaube ich mir hier meine Meinung über Entstehung des Castoreums zu‚sagen.
Bekanntlich fressen die Biber Rinden von Weiden und Erlen am liebsten. Diese Rinden haben Gerbestoff,Bitterstoff, Harz und äth. Oel, wie schon der Geruch zeigt, wenn man an einem Orte vorbeigeht, wo viele Weidenrinde an der Sonne liegt, welche die Korbmacher von den Reisern abschälen. Ich wenigstens finde viele Aehnlichkeii in dem Geruch des Castoreums mit dem der Wieidenrinde: Könnte nicht das Castoreum aus den Nahrungsmitteln des Bibers ausgeschieden worden seyn? Das äth. Oel und der Bitterstoff’ gehen wahrscheinlich zum Theil in das Blut über, und werden daraus in den Behältnissen des Castoreum von Drüsen ausgesondert. Dies ist so unwahrscheinlich nicht, wenn man bedenkt, dafs die Milch der Kühe die wilden Schnittlauch (Album Schoenoprasum) fressen, stark darnach riecht, und ‚dass der Schweiß solcher Menschen, welche innerlich lange Quecksilber nehmen, Quecksilberhaltig ist, und goldene Uhren verdirbt. Wahrscheinlich ist das amerikan. Bibergeil deswegen so schlecht, weil der Biber dort keine Weiden wie bei uns, und keine Erlen findet, auch mag die Kälte mit beitragen.
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