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Höpfner: Deutsche Encyclopädie Hutmanufacturen 1791

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Kategorie: Handwerk

Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften:
Hom - Jaz, Band 16, Varrentrapp und Wenner, 1791 - 797 Seiten, Ludwig Julius Friedrich Höpfner

eite 467

Hutmanufacturen.
Die wesentliche Bestimmung eines Huts ist, den Kopf des Menschen für den Würkungen der Sonne, des Regens und der Kälte zu beschützen. - Folglich wird jener Hut der vollkommenste seyn, der diesem Endzweck am nächsten kommt, daneben sanft anzufühlen, von geringem Gewicht, auch von schöner und dauerhafter Farbe ist. Diese Eigenschaften besitzen die engländischen und französischen Hüte in vorüglichem Grad, wohingegen die in Deutschland verfertigten Hüte, auch in feinsten Sorten nur von mittelmäßiger Güte zu seyn pflegen.

Die Hauptursache dieses Mißstandes sind, 1) der Zwang der Innungen und Handwerksgebräuche; 2) die Ungeschicklichkeit, Unwissenheit und Sorglosigkeit der Arbeiter, die selten die Eigenschaft der zu behandelnden Materien kennen. 3) Die hohe Imposien auf ausländische Materialien, und die Schwierigkeit selbige aus der ersten Hand zu erhalten.

Will man also die Schwierigkeiten zu heben, und der Vollkommenheit näher zu kommen trachten, so sollte man anrathen: a) Den Zwang der Innungen und Zünfte aufzuheben, und das Gewerbe des Hutmachers manufacturmäßig zu behandeln, b) Die Eingangsrechte, Zölle u. s. f. die auf dem Biberhaar und andern fremden Haaren haften, zu mäßigen, innerhalb aber ganz aufzuheben, c) Durch Naturforscher und Scheidekunstler die Beitzen und Farben zu verbessern, auch einförmiger und wohlfeiler zu machen, nicht weniger noch unbekannte inländische Materien, (deren wir viele besitzen) zum Hutstoff ausfindig machen zu lassen, d) Diese Manufacturen mit Reglements über ihre ganze Verfahrungsart zu versehen, und Beschauanstalten zu verordnen, e) Prämien für diejenigen zu bestimmen, welche die besten Hüte aus inländischen Materien, z. B. aus den Abgängen der Seidenmanufacturen, aus der Wolle gewisser Weidenbäume, aus den Blüthen der Disteln, aus der sogenannten SeidenpflaNze (Asclepias fyriaca) in geschickten Vermischungen verfertigen werden.

Die ersten Hutmanufacturen waren in Frankreich, Und noch jetzt werden hier ganz vortrefliche Hüte gemacht. Die feinen Hüte kommen aus den Manufacturen von Paris, Marseille, Lyon und Rouen. Geringe Hüte werden fast in allen Provinzen gemacht ; vorzüglich aber in der Normandie, in der Gegend von Rouen, Caudebec, zu Neuschatel, Grenoble, und in mehrern Orten von Dauphiné. Die Hutmacher aus kleinen Städten bringen ihre Arbeit nach Paris, und bieten sie den Meistern, welche Waarenläger in der Hauptstadt haben, entweder zum Debit an, oder diese haben sie bey jenen schon bestellt. Der Preis dieser Hüte wird von den Geschwornen bestimmt, und die Waare alsdenn verlooßt.

Der Gebrauch der Hüte in Frankreich erstreckt sich nicht über drey Jahrhunderte hinaus. Als Carll VII, Rouen wieder eingenommen hatte, und in diese Stadt einzog, hatte er sein Haupt mit einem Hute bedeckt. Und Er ist der erste, dessen die Geschichte Erwähnung thut. Diesem Beispiele folgte die, jederzeit das Neue liebende, Nation sogleich. Der Chaperon, eine Art Kappen, welche damals, die gewöbnliche Kopfdecke der Mannspersonen war, wurde von jedem, der an keine gewisse Tracht gebunden war, und dem es frey stand, sein Haupt nach seinem Gefallen zu bedecken, abgeschaffet. Die Kirchendiener, Klosterleute, und diejenigen, welche von der Universität abhiengen, behielten den alten Kopfputz länger bey. Man sieht ihn, ob er gleich seine Gestalt ziemlich verändert hat, noch immer an den Mönchskappen, Bischofsmützen, und Doktorhüten, Denn der Chaperon deckte damals das Haupt, übrigens aber schwebte er auf den Schultern. Man fieng an, diese beyden Stucke von einander zu trennen. Man bedeckte das Haupt mit einer Mütze, welche man an vier Orten aufschlug, um sie desto leichter anfassen zu können; den abhaengenden Theil aber brachte man auf eine einzige Schulter, Uebrigens ist alles, wie ehedem, von einem Zeuge gemacht, welcher entweder durch seine Güte, oder durch seine Farbe, zum Unterscheidungszeichen geworden ist. Unmittelbar nach den Reitzungen der Neuigkeit, würde man durch vernünftige Bewegungsgründe dahin gebracht, daß man den Hut denChaperon vorzog. Kein gewebter Zeug ist, wie der Filz, im Stande, der Sonnenhitze und dem Regen zu widerstehen, und der breite Rand an demselben, welchen man niederschlagen kann, wird im Nothfalle ein Regenschirm, welcher allemal mehr Dienste leistet, als ein Collet oder eine Rotonde von Tuche oder Camelot.

Da sich die neuen Erfindungen nicht gleich anfangs in aller ihrer Vollkommenheit zeigen, so waren die ersten Filzhüte vermuthlich weiter nichts, als spitzige Mützen, deren Rand man rund herum in die Höhe schlug. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Hut auch fertig, sobald er bis zur glockenförmigen Gestalt gelanget war, d. h. nachdem er so weit gewalket war, daß er nunmehr ausgestoßen werden sollte. Alsdenn machte man vielleicht ausfindig, den Rand nach der Ebene, welche durch die Grundfläche des Hutkopfes geht, nieder zu stoßen, die Schultern dadurch zu bedecken, zugleich aber auch ihn, bey gutem Wetter oder für die Jugend, durch Hefte in der Höhe zu halten. Hierauf wurde diese überflüßige und unbequeme Spitze, welche über den Kopf empor ragte, von Zeit zu Zeit abgekürzet, und man fand nach und nach die Mittel, ihn durch das Breitmachen zu erniedrigen. Vor dem Gebrauche der Biber- und anderer feinen Haare, waren die Hüte so grob, daß Personen, die sich gut kleideten, sie mit Sammet, Taffet oder anderem seidenen Zeuge überziehen ließen, Man trug sie niemals blos, als nur aus Sparsamkeit oder in den Regen damit zu gehen.

Grobe Hüte hat man, vom Anfange dieser Mode an, fast allenthalben machen können; feine aber erst seit der Wiederrufung des Edikts von Nantes, welche diese Manufactur aus Frankreich, nach England, Holland und Deutschland verpflanzte, Diese blühete am Ende des vorigen, und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts, weit schöner in England, als in Frankreich selbst, indem die Franzosen bis zum Utrechter Frieden sehr wenige Biberfelle aus Canada erhalten konnten, und dieselben aus England entweder unmittelbar, oder über Holland ziehen mußten. Aber nach 1714 fiengen sie an, eine solche Menge Biberfelle aus Canada zu holen , daß sie mit dem Zuflüsse dieser Häute aus England, ihre Hutmanufacturen bald wieder in den größten Flor brachten, und die Engländer in allen fremden Ländern aus dem Handel verdrängten. Die Schuld lag an der englischen Zollordnung, welche den Franzosen einen ziemlichen Vorsprung vor den englischen Hutmachern einräumte. Denn vom 8ten März 1704, an, betrug der ganze Zoll, welcher bey der Einfuhre der amerikanischen Biber in England entrichtet werden mußte, 16 Stüber von einem Felle. Da aber bey der Wiederausfuhte in fremde Länder 12 Stüber davon zurückgegeben wurden: so bezahlten die französischen Hutmacher wirklich 12 Stüber weniger Zoll, als die englischen selbst. Diese würden nebst den französischen gar leicht haben fortkommen können, wenn sie kein Biberhaar aus Rußland zollfrey bekommen hätten. Und auch mit dieser Aushülfe würden die Engländer keine Castorhüte in fremden Ländern haben absetzen können, wenn nicht der Krieg, welcher 1700 wegen der spanischen Erbfolge entstanden war, die französischen Hutmanufacturen herunter gebracht hätten Doch erholten sich dieselben nach dem Utrechter Frieden ziemlich wieder, und stürzten, gedachtermaßen, die englischen, bis endlich das Geschrey der brodlosen Hutmacher im Jahr 1721. in das Parlament drang, welches hierauf den Fehler des Zolltarifes, etwas verbesserte. Doch behielten die Franzosen noch immer den Vorsprung. Sie hatten damals ihre Hutmanufacturen in einen sehr blühenden Stand gesetzt, ihre Herrschaft über die großen Landseen in Nordamerika, welche von Bibern wimmeln, widerrechtlich ausgebreitet, und eine neue Colonie an der Mündung des Mississippi angelegt, auf welchem sie einen beträchtlichen Pelzhandel mit den Wilden, etliche hundert Meilen den Strohm hinauf, eröfneten. Auf solche Weise war ihre Einführe der amerikanischen Biberhüte eben so stark, als diejenige der Engländer, geworden; insonderheit, da der englische Handel nach Hudsons Meerbusen als ein ausschließendes Recht einer eigenen Gesellschaft zugehört, welche, nach der Denkungsart aller monopolischen Handelsgesellschaften, sich immer hütete, den Preiß der Biber durch eine gar zu starke Einführe derselben zu erniedrigen. Diese Vortheile der französischen Hutmacher über die englischen vergrößerten sich noch, als das Parlament im Jahr 1748. den Zoll der Biberfelle wieder erhöhete, so, daß die französischen Hutmacher für dieselben in England wirklich 4 Stüber vom Stücke, weniger Zoll, als die englischen selbst, zu bezahlen hatten. Die Würkung zeigte sich bald. Einige Jahre nach 1748. fiengen die Franzosen an, mit ihren wohlfeilen Castorhüten die Engländer allenthalben auszustechen , nur nicht in Portugal , bis die Portugiesen selbst eine Hutmanufactur zu Lissabon anlegten, und hierzu die Biberhäute mit einem geringen Zoll aus England kommen ließen. Die Portugiesen hatten zwar aus ihrer vortreflichen Wolle schon lange vorher grobe Hüte gemacht, aber niemals feine aus Biberhaar. Als nun die englischen Hutmanufacturen in der augenscheinlichsten Gefahr ihres Unterganges standen, so giengen endlich dem Parlamente die Augen auf, welches im Jahr 1764. alle bisherigen Fehler des Zolltarifs in Ansehung der Hutmanufacturen durch eine neue Acte glücklich verbesserte. Diese erhielt den 5ten April gedachten Jahres die Kraft eines Gesetzes, und nahm schon am 7ten ihren Anfang. Das Jahr 1764 ist der Zeitpunkt, seit welchem die englische Hutmanufactur wiederblühet.

Die Aufmerksamkeit und Achtung des ganzen französischen Volkes, ja des königlichen Hofes selbst, für die Handlung Und Manufacturen, verdient nicht allein das größte Lob, sondern auch die Nachahmung aller Nationen, denen ihr eigenes Wohl am Herzen liegt. So bald die Franzosen alle Hofnung, einen Theil von Nordamerika den Englandern wieder abzujagen, 1762 aufgegeben hatten, sahen sie voraus, daß Pelzwerk und Biber die Stapelwaare von England werden müsse, deswegen faßten sie den Entschluß, den Gebrauch von beyden, so viel möglich zu hindern. In dieser Absicht brachten sie die neue Mode auf, Federmüffe und ganz kleine Harlekinhüte zu tragen, eine Mode, welche die meisten Europaer nachäffeten, ohne den Ursprung und die Absicht derselben zu wissen!

Die Engländer betrachten sich als Herrn über alle amerikanische Biber. Wenn aber die Spanier, welche den größten Theil der Westseite des nördlichen America besitzen, sich Mühe geben wollten, so würden sie von den'Wilden leicht eben so viele Biber, als die Englander, eintauschen, und in Spanien so gute und wohlfeile Castorhüte, als die englischen sind, verfertigen können. Was würde alsdenn aus der englischen Hutmanufactur werden? Es Hoffeten auch die Engländer, daß die Eroberung von Canada bey ihnen die Biberfelle wohlfeiler machen würde; allein, diese Hoffnung ist noch nicht ganz erfüllt worden, theils, weil die Franzosen mit den Einwohnern von Canada noch immer in einer heimlichen Verbindung stehen, theils, weil die Biberfelle, welche pfundweise verkauft werden, keine große Ballen ausmachen, mithin zum Schleichhandel besonders geschickt sind. Nicht nur aus Canada, sondern auch aus England selbst, werden jährlich sehr viele Biberfelle heimlich nach Frankreich geschleppt, weil sie auf mancherley Art genutzt werden können.

Es ist sonderbar, daß fast alle Cardinatshutt der katholischen Kirche in dem ketzerischen England gemacht werben, indem die Franzosen die Kunst nicht wissen, dem Biberhaar eine so glänzende Farbe zu geben, als die Cardinalshüte haben müssen , welche in England auf 5 bis 6 Guineen zu stehen kommen. Man Macht in England, so wie in Frankreich und andern Ländern, nur selten feine Castorhüte aus lauter BiberHaar, sondern dieses wird gemeiniglich mit peruanischer Wolle, auch wohl mit etwas Caninchenhaar vermenget. Die mittlere Sorte der englischen Hüte besteht aus Caninchenhaar, welches sehr gute, schöne und dauerhafte Hüte giebt. Die schlechteste Sorte besteht aus spanischer und englischer Wolle, und wird meistens nur von Matrosen getragen. Man findet in den Hutmanufacturen Hüte von 1 Penny (2 Kreutzer) bis zu 1 Guinee das Stück. Die feinsten und besten, welche aber bestellt werden müssen, und welche aus bloßem Biberhaar verfertiget werden, kosten an 2 Guineen. In Manchester und der benachbarten Gegend, wie auch in London und vielen andern Orten, wird eine große Menge Hüte zur Ausfuhr in fremde Länder, verfertiget. Diese Ausfuhr ist aber nicht so stark, als sie vormals, insonderheit zwischen 1690. und 1714. war. In vielen Ländern, in welchen man damals noch keinen einzigen Castorhut machen konnte, wird jetzt eine Menge verfertigt. In Böhmen ist diese Manufaktur zu einer großen Vollkommenheit gediehen. Die böhmischen Hasenbälge sind zum Hutmachen die besten; die daraus verfertigten Hüte geben den englischen und französischen nichts nach. Böhmen braucht hiezu jährlich 40000 Stück Hasenfelle. Jedes Cammergut in Böhmen lieferte sonst jährlich 13 bis 1400 Stück. Ein Hundert Stück kostet 20 bis 24 Gulden. Die Ungarischen und türkischen Hasenfelle sind viel wohlfeiler, aber auch nicht so gut. Da die böhmischen Hüte weit wohlfeiler als die englischen sind; so wird versichert, daß durch den Schleichhandel viele ungefärbte Hüte aus Böhmen nach England gehen, daselbst gefärbet, und alsdenn für englische verkaufet werden. Ja, in allen österreichischen Ländern, in verschiedenen deutschen und wälschen Staaten, und 1768. auch zu Madrid, und in der benachbarten Gegend, ist die Einführe aller fremden Hüte gänzlich verboten worden. Die englischen Hutmanufacturen haben also mit den französischen das Schicksal gemein, daß ihr Absatz sich in fremden Ländern vermindert, obgleich die Engländer Biber und Caninchen besser, häufiger und wohlfeiler, als jene, bekommen können. Indessen finden die englischen Hüte doch noch einen für ansehnlichen Absatz in Westindien, Amerika und Spanien, wo die Hutmanufacturen schlechten Fortgang haben. Auch gehen noch viele englischen Hüte nach Rußland, Deutschland, und in die nördlichen Länder, ungeachtet die Franzosen ihre Marseillettes, oder Halbkastorhüte von Marseille, imgleichen ihre Chateillains und Caudebecs auch dahin führen, welche letztere in Italien stark gesuchet und getragen wurden, bis Venedig und andere wälsche Staaten die Einführe fremder Hüte verboten, und solche selbst zu machen ansiengen , wozu sie Hasenfelle aus der Wallachen und andern türkischen Ländern brauchten. Sollten die Russen ihre Entdeckungen auf der westlichen Küste von Nordamerika weiter treiben, und das Biberhaar aus dortigen Gegenden selbst verarbeiten, so müssen die englischen und französischen Hutmanufacturen fallen. Merkwürdig ist es, daß der berühmteste Hutmacher in London noch vor wenigen Jahren ein Deutscher war, Namens Wagner; Er nannte sich Hatmaker of his Majestyand all the Royal Family; und englische Hutmacher erwerben sich dadurch Credit, daß sie in ihren Schildern sich für Lehrlinge des Wagners ausgeben.

Die beträchtlichsten Hutmanufacturen in Deutschland sind außer den Böhmischen und Oesterreichischen zu Berlin, Cassel, Erlangen und Hanau. Unter den übrigen Europäischen verdient besonders die Hutmanufactur zu Porto in Portugal, welche jährlich 20000 Hüte für die Colonie liefert, bemerkt zu werden, (39)

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